Ausstellung: Zeche Zollverein mit Ruhrmuseum

19. Oktober 2010 von Bettina Wurche · Keine Kommentare

Warnhinweis: Dieser Artikel ist aufgrund meiner Neigungen einseitig und stellt die Naturgeschichte [Biologie, Paläontologie, Geologie, Fossilien] rücksichtslos in den Vordergrund.  ;  )

Zeche Zollverein= alte Gebäude + Ausstellungen + Theater + Galerien

Der Anblick des riesigen Geländes der alten Zeche ist überwältigend und zunächst unübersichtlich. Aber viele freundliche Mitarbeiter weisen kompetent den richtigen Weg vom Parkplatz bis zur Ausstellung.
Die Betonflächen sind mit einem filigranen Muster aus Schienen und Wegen in mehren Ebenen untergliedert. Die Natur erobert sich das Gelände zurück und überwuchert Beton, Stein und Eisen.

Ruhr Museum

In die ehemalige Kohlenwäsche ist das Ruhr Museum eingezogen, ein modernes Regionalmuseum zur Natur und Kultur der Region (Ruhr Museum schreibt sich übrigens tatsächlich ohne Bindestrich). Mir hat daran gefallen, dass die kulturellen und naturgeschichtlichen Ausstellungsabschnitte miteinander verwoben werden. Durch diesen Verzicht der Themenaufspaltung in ihre akademischen Spezialdisziplinen wird betont, dass es um eine ganze Region mit ihren unterschiedlichen Themen und Blickwinkeln geht.

Es ist wirklich alles zu sehen:

Kommissar Horst Schimanskis schmuddelige Jacke, ein großer Becherschwamm des längst vergangenen Urmeeres, eine im Bergarbeiter-Jargon „Sargdeckel“ genannte Toneisendiode, ein miozäner Walschädel, ein Altar polnischer Gastarbeiter, … Ein fließender Übergang zwischen Erdgeschichte und Kulturgeschichte.
Informative und sprachlich sehr gut bearbeitete Texte stellen jedes Objekt in seinen größeren Zusammenhang, gewürzt mit Details und Anekdoten.

Ein Herbarium zeigt die Abfolge der Pflanzen in der Region: welche Pflanzen gab es hier schon immer, welche sind neu „eingewandert“, welche wachsen besonders gern in Industriearealen? Den Begriff „Industriophyten“ habe ich hier erstmals gesehen. Industriophyten sind Pflanzen, die erst seit dem Beginn der industriellen Revolution um 1840 auftreten. Die Herbar-Blätter sind in gläserne Wände übereinander gehängt, es entsteht die Illusion eines gläsernen Waldes.

Fossilien im Flöz

Im unteren Bereich dann eine umfangreiche Ausstellung zur Kohle, ihren Mineralen und Fossilien:
Eyecatcher wie große Amphibien oder Reptilien sucht man vergeblich. Natürlich gibt es einige Ichthyosaurier-Wirbel und einige Ammoniten. Aber das ist nur der geringste Teil der Ausstellung. Dafür sind die Wände mit in Kohle erhaltenen Pflanzen so verkleidet, dass der Eindruck eines versteinerten Waldes entsteht. Ich ging andächtig durch eine herrliche Sammlung filigraner Farnwedel, Schachtelhalme und anderer altertümliche Pflanzen aus dem Ruhrgebiet, Pennsylvania und anderen Kohleregionen weltweit. Kleine feine Dioramen geben eine Vorstellung der Lebewelt in der fernen Zeit der Karbon-Sümpfe. Weiterhin zeigt eine Mineraliensammlung die glitzernden Seiten der Kohle-Ära.

Mein Fazit:

lohnt sich total.

Gelände: Gekonnte Melange aus Industriearchitektur, Kunst, Kultur mit dem Ruch der Maloche.
Dieser Industriekultur-Komplex der Superlative ist zu Recht ein UNESCO-Welterbe geworden.

Ruhr Museum: Wir sind in 3,5 Stunden noch nicht einmal durch die ganze Ausstellung gekommen.
Der Gebäudekomplex ist eine unglaubliche Kulisse für eine sehr diverse und spannende Ausstellung.

Einziges Manko für mich:
Das Gebäude wurde „nur“ als architektonische Kulisse genutzt. Ich hätte gern mehr über die Funktion und die Arbeitsprozesse und –wege erfahren. Das wäre nach meiner Information nur mit einer speziellen Führung möglich gewesen.
Trotzdem absolut lohnend!

bw Okt. 2010

Tags: Ausstellung · Rezension