Pottwale (Physeter macrocephalus) sind gewaltige graue Kolosse, die in allen Weltmeeren leben. Die tief tauchenden Wale schwimmen den größten Teil des Jahres überwiegend nach Geschlechtern getrennt: Die Männchen halten sich in den nahrungsreichen subpolare und polaren Gewässern auf, und die Weibchen und Jungtiere leben in sozialen Gemeinschaften in wärmeren Gewässern. Auch im Golf von Mexiko gibt es eine große Pottwal-Population. Während der verheerenden Ölpest nach der Explosion der Deepwater Horizon vor fast zwei Jahren waren zwei tote Pottwale angespült worden.
Durch ihre Lebensweise im offenen Ozean und ihre langen und tiefen Tauchgänge sind Pottwale schwierig zu beobachten. Darum nutzen Wissenschaftler für die Untersuchung ihrer Verbreitungsgebiete und Bestände oft akustische Methoden, mit denen sie die Lautäußerungen der Tiere verfolgen.
Pottwale haben keine „Gesänge“ oder andere komplexe Lautäußerungen wie viele andere Wale, diese größten Zahnwale geben vor allem so genannte “clicks“ ab.
Eine Arbeitsgruppe der Universität Louisiana hat die Laute der Pottwale im Golf von Mexiko mit einem passiven akustischen Survey untersucht:
Dazu wird ein Netz oder eine Kette aus Bojen mit Hydrophonen (Unterwassermikrophonen) im Wasser aufgestellt. Diese Hydrophone nehmen dann die Laute der Wale auf. Aus den Lauten können Spezies, Anzahl, Wassertiefe und Fortbewegung bestimmt werden, das ermöglicht wichtige Informationen zum Bestand und der Verbreitung der Wale.
Solche passiven akustischen Surveys sind zuverlässig, da witterungsunabhängig, und wesentlich kostengünstiger als Bestandsschätzungen von Schiffen oder Flugzeugen aus. Der Louisiana-Pottwalbestand ist 2001, 2002, 2007 und 2010 untersucht worden. Die Daten aus den Jahren 2007 und 2010 ermöglichen den Vergleich des Pottwalbestands vor und nach der Explosion der Deepwater Horizon. Die statistische Auswertung von Bojen, die 9 bzw. 25 Meilen vom Standort der explodierten Bohrinsel entfernt sind, ergibt klar: Die akustische Aktivität der Pottwale im Bereich der 9-Meilen Boje ist um den Faktor zwei zurückgegangen. Dafür hat die akustische Aktivität im Bereich der 25 Meilen entfernten Boje signifikant zugenommen.
Das ist für die Wissenschaftler ein klarer Hinweis darauf, dass die Pottwal-Population sich von der havarierten Bohrinsel weg bewegt hat.
Über die genauen Gründe dieser Ausweichbewegung kann bisher nur spekuliert werden: Möglicherweise sind die Kalmare, die Nahrung der Pottwale, weiter gezogen. Und die Wale sind ihrem Lieblingsessen dann einfach gefolgt.
Quelle:
Azmy S. Ackleh1, George E. Ioup2, Juliette W. Ioup2, Baoling Ma1, Joal J. Newcomb3, Nabendu Pal1, Natalia A. Sidorovskaia4, and Christopher Tiemann5: “Assessing the Deepwater Horizon oil spill impact on marine mammal population through acoustics: Endangered sperm whales”. J. Acoust. Soc. Am. Volume 131, Issue 3, pp. 2306-2314 (2012);
Bettina Wurche