Sammlungswelten: Verdauung von Z(-unge) bis A(-nus)

8. Januar 2012 von Bettina Wurche · Keine Kommentare

In unserer kleinen Anatomie-Ausstellung darf natürlich auch der Verdauungstrakt nicht fehlen. Der Magen und Verdauungsapparat spiegeln den zunehmend höheren Energiebedarf in der Wirbeltierentwicklung besonders offensichtlich wieder. Mund und Pharnyx (= Kiemendarm) sind die Vorboten des Verdauungstraktes. Der Magen ist der Körperabschnitt, in dem die Nahrung verdaut wird. Er ist evolutionsgeschichtlich eine Aussackung des Kiemendarms. Ein Magen kann, je nach Spezies, aus einem oder mehreren Abschnitten bestehen. An den Magen schließt sich der viele Meter lange Darmtrakt an. Der Anus schließt mit einer doppelten Muskelrosette die Darmöffnung ab.

 Die Feuchtpräparate-Sammlung umfasst Präparate aus allen Teilstücken der Verdauungstrakte von unterschiedlichsten Wirbeltieren. Unter Verdauungstrakt von Z wie Zunge bis A wie Anus haben wir einen kleinen Einblick in die Tiefen des Wirbeltier-Verdauungssystems zusammengestellt.

Verdauungstrakt von Z wie Zunge bis A wie Anus

Zunge eines großen Krokodils (Crocodylus, wahrscheinlich Leistenkrokodil)
Die Zunge lenkt die Nahrung und kontrolliert den Zerkleinerungsprozess.
Diese Krokodilzunge ist groß und muskulös. Die Zunge ist mit einem Stück der Kehle aus dem toten Tier geschnitten worden, so dass an dieser Stelle die typische gepanzerte Außenhaut der Panzerechse erkennbar ist.
Ein ungewöhnliches Stück: wer die Zunge eines Leistenkrokodils zu sehen bekommen hat, kann meistens hinterher nichts mehr dazu erzählen.

Speiseröhre
Durch die Speiseröhre rutscht die Nahrung in den Magen.

Mageninhalt eines Indischen Schweinswals (Neophocoena phocaenoides)
Dieser Schweinswal hat vor seinem Tod große Garnelen und kleine Fische gefressen.
Es ist zu erkennen, dass die Beute nicht gekaut, sondern nur verschluckt wurde: Die Krebse und Fische sind nicht zerkaut, allerdings sind sie schon teilweise angedaut. Der kleine Wal stammt aus dem südostasiatischen Küstenbereich, dort hat er auch die kapitalen Garnelen verkostet.
Wale, die in Küstennähe leben und Garnelen fressen, leben in räumlicher und Nahrungskonkurrenz zum Menschen. Der Mageninhalt dieses Tieres deutet auf eine Interessenkollision hin, die zum Nachteil der kleinen Schweinswale ausgehen dürfte. Anatomische Präparate lassen also wichtige Rückschlüsse auf Ökologie und Artenschutz zu.

Dünndarm (Stück) eines Seiwals (Balaenoptera borealis)
Ein langes, dünnes Stückchen Darm aus dem antarktischen Walfang.

Blinddarm eines Haushundes (Canis lupus)
Der Blinddarm eines Hundes ist wenig spektakulär. Den meisten Menschen ist der Blinddarm vor allem als etwas nutzloser Anhang, der sich schlimmstenfalls entzünden kann und dann herausoperiert werden muss, bekannt.
Bei einigen anderen Tiergruppen hat er aber eine sehr wichtige Funktion: Hasenartige,  Pferde und Meerscheinchen-Verwandte nutzen diesen speziellen Abschnitt des Darms, um schwer verdauliche Nahrung wie Gras besser aufschließen zu können. Hier werden bestimmte Enzyme produziert, mit denen dem Gras wichtige Nährstoffe entzogen werden können.
Leider war in der Sammlung kein Hasen- oder Pferdeblinddarm vorhanden – den hätten wir gern präsentiert.

Anus (Elefant)
Der Anus ist die Austrittsöffnung des Enddarms und wird von zwei Schließmuskeln geschlossen.
Ein Elefanten-Anus erreicht eine beeindruckende Größe. Noch beeindruckender ist, dass ein Zoologe daran gedacht hat, von einem verstorbenen Zoo-Elefanten das A…-loch zu entnehmen und für die Nachwelt aufzubewahren. Dieses ungewöhnliche Stück durften wir der Öffentlichkeit keinesfalls vorenthalten.
Es schließt im doppelten Sinne den Exkurs ins Verdauungssystem der Wirbeltiere ab.

Der Ausstellungsabschnitt zum Verdauungstrakt zeigt viele weitere Organe von der Leber eines Gorillas über meterlange Darmabschnitte bis zum spektakulären Straußenmagen.

Sogar ein leerer Magen ist dabei:
Wenn der Magen leer ist, bewegen die Magenwandkontraktionen nur Luft und etwas Magensaft. Dadurch können grummelnde Geräusche entstehen: das Magenknurren.
Das ist die wahre Kunst des Ausstellens: etwas auszustellen, was nicht da ist.
Die Leere des Magens.
Dafür hat das Magenknurren einen wirklich poetischen Namen: Borborygmus.
So viele Silben für die Leere…

Bettina Wurche

Tags: Anatomie · Ausstellung · Museum · Zoologie