Rezension: Joger et al: „Projekt Dino“

15. März 2011 von Bettina Wurche · Keine Kommentare

Durch einen glücklichen Zufall fiel mir das Buch „Projekt Dino“ von Ulrich Joger, Ralf Kosma und Fritz J. Krüger in die Hand: Der Expeditionsbericht der Grabungskampagnen 2007 und 2008 des Staatlichen Naturhistorischen Museums Braunschweig.
Klasse! Erstens liebe ich Bücher über Dinosaurier-Expeditionen und zweitens ist Uli Joger ein alter Bekannter von mir: Während meines Volontariats im Hessischen Landesmuseum Darmstadt war er mein direkter Vorgesetzter: ein ausgewiesener Reptilienkenner (tot oder lebendig, egal) mit hoher Wüstenaffinität. Er hatte schon für die Wüstenausstellung im HLMD 2002 eine spektakuläre Sahara-Expedition durchgeführt…
Bei der Gelegenheit hatte ich auch meine ersten Kontakte mit der Wüste, ein für mich eher fern liegendes Thema.

Mittlerweile amtiert Prof. Dr. Joger als Direktor des Staatlichen Museums für Naturkunde in Braunschweig und macht neben ausgezeichneter Forschung auch spannende Ausstellungen.

Expeditionsbericht der 2. deutschen Dinosaurier-Expedition nach der „Tendaguru-Grabung“

2007 und 2008 unternahm ein Expeditionsteam des Staatlichen Naturhistorischen Museums Braunschweig zwei Grabungskampagnen nach Niger, in die südliche Sahara. Das Unternehmen war eine Kooperation mit Edgar Sommer und der von ihm gegründeten Hilfsorganisation „CARGO“.

„CARGO“ unterstützt Bildungsarbeit für die Tuareg, der Verleger Edgar Sommer bringt dazu in seinem Verlag Bücher in der Tuareg-Sprache Tamashek heraus und betreibt eine Schule vor Ort. Er war von Tuareg auf die Dinosaurier-Knochen aufmerksam gemacht worden, dann kam Prof. Joger ins Spiel und letztendlich wurde Schule gegen Dino-Knochen getauscht.

In der südlichen Sahara hatte bereits Paul Sereno sehr erfolgreich nach Dinosauriern gegraben und auch das Team aus Braunschweig wurde hier fündig.

Die wichtigsten Funde waren:
-          die ersten Raptoren-Fährten dieser Gegend
-          der vollständige 8 m lange Schwanz und Teile des Hinterbeins des Sauropoden Jobaria
-          das vollständige Skelett eines noch unbekannten Sauropoden, der später als Spinophosaurus beschrieben wurde und heute ein Prunkstück des Naturhistorischen Museums in Braunschweig ist.

Die äußeren Umstände waren Hitze, Sand, Rebellion, eine sehr angespannte Sicherheitslage, Dino-Diebe, schwere Arbeit und Wassermangel…

In weiteren Kapiteln werden die Arbeit der Hilfsorganisation „CARGO“ mit ihrem Schulprojekt, die Präparation und Rekonstruktion der gefundenen Dinos und die Bearbeitung des neuen Sauropoden beschrieben.
„Projekt Dino“ war ein umfassendes und interdisziplinäres Projekt, in dem viele Personen mit ihren speziellen Kenntnissen und ihrem Engagement zu einem großen Erfolg beigetragen haben. Und genau diese Team-Arbeit wird im Buch immer wieder deutlich.

Vor Ort arbeiteten zeitweise 24 Personen. Im Museum wurde die eigentliche Museums-Crew verstärkt durch viele freiwillige Fossilienliebhaber.
Auf der Homepage des Naturhistorischen Museums gibt es weitere Informationen zu den Expeditionen.

Rezension

Die Texte sind super geschrieben und ansprechend aufgemacht. Der Expeditionsbericht liest sich flüssig und spannend. Verschiedene Autoren beleuchten unterschiedliche Aspekte der Expedition, der Ausstellung und der sozialen Projektanteile. Tagebucheinträge geben eindrucksvoll die Plackerei in der Wüste wieder und erwecken den Anschein, dabei zu sein.

Kein Pracht-Bildband, sondern ein eher bescheidenes Format. Aber mit aussagestarken Abbildungen von Ausgrabung, Expedition, Dinos, Land und Leuten. Rekonstruierte Sauropoden und lächelnde Tuaregs. Fossile Dinosaurier und lebendige Giftschlangen. Verhandlungen mit dem Bürgermeister vor Ort und Nahaufnahmen der Raptoren-Fußspuren. Gruppenbild der Expeditionsteilnehmer und Reifenwechsel in der Wüste.

Mir persönlich gefällt die Verknüpfung der wissenschaftlichen Expedition mit dem sozialen Projekt besonders gut.

„Projekt Dino“ ist unbedingt lesenswert!

ISBN: 3938693177
Cargo Verlag, (2009), gebunden, 175 Seiten

Und vielleicht sollte man sich bei Gelegenheit auch mal die Ausstellung angucken.

Bettina Wurche

Tags: Dinosaurier · Museum · Paläontologie · Rezension